
Die siebenTodsünden üben seit jeher eine magische Kraft auf den Erdenbürger aus – verspricht die verbotene Frucht doch sinnlichen Hochgenuss. Sir Terence Conran war sicher nicht der erste, der sich von diesem Kanon christlicher Verderbtheit architektonisch inspirieren ließ . Stephan Calloway tat es ihm gleich, ob abgekupfert oder nicht – er schuf ein literarisch-photografisches Bollwerk gegen den faden Minimalismus moderner Einrichtungen und den so genannten „guten Geschmack“.

Die sieben Todsünden wie beispielsweise Neid, Wollust, Völlerei etc. erscheinen hier als Ursache des dekadenten Lebens- bzw. Einrichtungsstil. Calloway möchte dies keineswegs negativ verstanden wissen, er zeichnet vielmehr den Weg des negativen Begriffs der Dekadenz, Inbegriff des Verfalls geschwächter Nationen, hin zum Ausdruck für „exquisite Kultiviertheit“, an dessen Ende dann der „décadent“ steht – ein Wesen außerordentlicher Empfindsamkeit.


Opulente Pracht kann auch (fast) ohne Schnörkel auskommen
Wie dem auch sei, der Bildband mit den Aufnahmen von Deidi von Schaewen bietet einen amüsanten und anregenden Überblick in die Gemächer vermeintlicher oder tatsächlicher moderner décadents. Außergewöhnliche Kontraste, inszenierte Opulenz, skurrile Sammlungen und bestechende Geschmacklosigkeiten wurden hier auf Papier gebannt. Auch wenn gewisse Zweifel bleiben, ob denn der décadent tatsächlich als historische Figur im Callowayschen Sinne existiert hat, und ob denn der Rückgriff auf die sieben Todsünden mehr als ein ästhetisch-literarischer Kniff ist, entstand eine Ménage, die zumindest so gut inszeniert erscheint, wie manches Gemach, das hier vorgestellt wurde.
| al, 089VERLAG